LIBERALE SEHNEN SICH NACH FREIHEIT UND LAUFEN DAVON !
Am Sonntag um 23.46 Uhr brach Christian Lidner und seine Partei, die FDP, die Koalitionsgespräche ab. In der folgenden Pressemitteilung hieß es “Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren”. Die Liberalen können und wollen den Geist eines möglichen Koalitionsvertrags nicht mitverantworten.
Eigentlich schade. Die Jamaika-Koalition hätte durch ihre verschiedenen Schwerpunkte eine pluralistische Regierung bilden können, die sich den Aufgaben der Gegenwart wie z.B. Digitalisierung und Nachhaltigkeit hätte stellen können. Jeder schien Experte auf seinem Gebiet. Die FDP in Fragen der Globalisierung, die Grünen als Fachleute für Landwirtschaft und Nachhaltigkeit, und die CDU/CSU mit ihrer Regierungserfahrung als Realisierer der beschlossenen Inhalte.
Wir werfen niemandem vor, dass er für seine Prinzipien einsteht. Wir tun es aber auch für unsere Haltung. Wir sind für Trendwenden gewählt worden. Sie waren nicht erreichbar. Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren. CL #jamaika #sondierung
— Christian Lindner (@c_lindner) 19. November 2017
MAN MÜSSTE SICH MAL ANSTRENGEN!!
Das Spannendste ist nun, dass Angela Merkel zum ersten Mal ihrer 12-jährigen Kanzlerschaft ohne Mehrheit dasteht. Neuwahlen sollen aus Angst vor dem rechten Rand vermieden werden. Eine große Koalition könnte es geben, wobei eine Umfrage gezeigt hat, dass eine Mehrheit deutlich für eine Minderheitenregierung ist. Dies sollte Frau Merkel als Chance sehen.
Sie könnte in ihrer möglicherweise letzten oder vorletzten Legislaturperiode als Kanzlerin noch mal Zweiflern beweisen, dass sie regieren kann. Sogar ohne Mehrheit. Dies ist eine schwere Aufgabe. Allerdings hat sich Frau Merkel in ihren 12 Jahren als Kanzlerin einen guten Ruf und Beziehungen im Bundestag aufbauen können. Die Möglichkeit überparteilich Mehrheiten für Gesetzesänderungen zu beschaffen wäre da, auch wenn Merkel dazu ihren Still verändern müsste. In einer Regierung der CDU/CSU/Grünen und einer starken Opposition müsste vermehrt gestritten und überzeugt werden. Inhalte und Argumente würden sich unter der Last der Minderheitenregierung verbessern müssen. Viele Parlamentarier wären auch verstärkt überparteilich beansprucht. Dies würde das Verständnis unserer Abgeordneten verbessern.
AFD ALS GEMEINSAMMER FEIND !!
Natürlich müsste man sich gegen die vermutlichen Nein-Sager (AfD) behaupten. Aber wenn es darum geht, sich gegen den Drachen des Parlaments zu behaupten, gehe ich stark davon aus, dass jede Partei dabei helfen wird das Drachentöter-Schwert zu schwingen und zusammenarbeiten. Die AfD (eine rechtsextreme, in Teilen antisemitische und fremdenfeindliche Partei) wirkt hier wie der obligatorische (meist russische) Bösewicht einer Hollywood-Produktion, den es gemeinsam zu schlagen gilt.
Ja eine Minderheitenregierung strapaziert und verlangsamt eventuell “vorerst” den demokratischen Prozess. Aber eine große Koalition würde man in diesen Zeiten, in denen sich viel verändert, als Stillstand beschimpfen. Und die Verantwortungsethiker würden weiter und erneut behaupten können “Es ändert sich doch eh nichts”. Dies würde zum Anstieg der Frustwähler führen.
Ich bin kategorisch gegen eine große Koalition. Die beiden größten Parteien einer Demokratie sollten zugunsten der Inhalte konstruktiv gegeneinander arbeiten können. Damit ein produktiver Mehrheitswechsel stattfinden kann – denn den braucht es meiner Meinung nach in einer lebendigen Demokratie – die sich so besser an neue Lebensumstände anpassen kann. Merkel braucht Mut, um ihren letzten Abschnitt als Kanzlerin würdevoll zu Ende zu bringen. Und da ist die Aufgabe, dies ohne Mehrheit zu tun, zwar erschwerend aber in erster Linie herausfordernd. Denn am Ende einer herausfordernden Situation kommt man unter Umständen mehr aus sich heraus und wächst.
MERKEL ZU ARROGANT !?
Die gescheiterten Koalitionsgespräche schaden dem Ruf der Kanzlerin genauso wie dem der FDP die eine (möglichst) vielversprechende Regierung hat platzen lassen. Und um diesen Ruf zu retten, bzw. wiederherzustellen, sollte man sich als Partei nicht den nächsten Partner suchen, sondern sich der Situation anpassen und sagen:” Na gut, dann eben so”. Dies wäre ein starkes Zeichen. Nicht nur an die Öffentlichkeit, sondern an die anderen Parteien. Die CDU würde damit nicht nur den Wunsch der Wähler, sondern auch den der Parteien respektieren. FDP-Politiker Volker Wissing sagte:”Die Kanzlerin dachte wohl, dass uns Ämter so sehr reizen, dass wir unsere Inhalte hintenan stellen. Das ist nicht nur falsch, es hat uns am Ende auch sehr verletzt.” Sollte diese Unterstellung stimmen, lässt sich aus diesem Zitat eine Arroganz der Kanzlerin ableiten. Nach 12 Jahren Mutti sein, ist dies wahrscheinlich menschlich.
CDU STRAHLT UND SPD WIRD SITZEN GELASSEN!!
Aber gerade aus diesem Grund bin ich für eine Minderheitenregierung. Die CDU/CSU hat in der Vergangenheit die FDP und SPD “kaputt koaliert”. Oft wurden die Inhalte der Koalitionsparter übernommen und anschließend gewinnbringend an die Öffentlichkeit gebracht. Mit dem Ergebnis das die Koalitionspartner der CSU/CSU nach der jeweiligen Koalitionsperiode mit schlechten Umfragewerten zu kämpfen hatten. Besonders sieht man das bei der SPD. Die älteste Partei Deutschlands. Die ehrenvolle Arbeiterpartei ist zu einem gefühlten Schoßhund Merkels geworden. Deshalb ist die Skepsis der SPD und die Vorsicht der FDP auch mehr als verständlich. Man will nach Merkel einen festen Fuß im Parlament haben und nicht in der Koalition “kaputt koaliert” werden. Gerade für die SPD ist dies sehr wichtig. Oft wird behauptet, dass der Arbeiterpartei in modernen Zeiten der Digitalisierung das Narrativ fehle. Durch die Digitalisierung sind traditionellen Arbeitsplätze bedroht und damit auch die Konfliktlinien, die zur Zeiten der Lohnarbeit entstanden sind und zur Gründung der Partei geführt haben. Ohne Arbeiter keine Arbeiterpartei. Aber gerade hier könnte sich die SPD als Vermittler zwischen der alten und neuen Arbeit sehen und eine Leitlinie für den zukünftigen Umgang mit der modernen Lohnarbeit entwickeln. Wer, wenn nicht die Arbeiter-Partei ? Tatsächlich arbeitet die SPD gerade stark an Modernisierungen die es dringend braucht! Ich hoffe, dass die SPD-Basis unter den Kritiken der Parteien “Man solle doch bitte Verantwortung übernehmen und nicht schmollen”, nicht einbricht und sich auf ihre Parteireformation konzentriert. Somit wäre dieses Beziehungsaus zwischen SPD und CDU/CSU eine gute Möglichkeit für die SPD nachzudenken und ein Programm für die Zukunft zu entwickeln.
SCHLAFENDE SOLL MAN NICHT WECKEN ? SICHER ?
Hoffen wir mal das es nicht zu der großen Koalition V2 kommt. So könnten sich die Partei auf den Wandel der Zukunft konzentrieren, was bitter nötig ist. Und auch der Respekt der CDU und Merkel den anderen Parteien gegenüber muss dadurch wachsen. Dies ist in einem pluralistischen System in dem man konstruktiv zusammenarbeiten will, bitter nötig. Man stelle sich nur mal vor die Mehrheiten würden regelmäßig wechseln. Dann könnten die sozialpolitischen Ziele der SPD festgelegt werden und die CDU müsste sie in der nächsten Legislaturperiode umsetzten und realisieren. Der Träumer plant und der Realist realisiert.
Zukunft.

Chefredakteur.
Abiturient um die Welt zu verbessern und Benz zu brettern.
Richtig guter Artikel! Wann kriege ich meine 5€?