Es war der 3. Monat am Kolleg. Einführungsphase. Alles war neu und begeisternd. Wir haben viele neue Freunde gefunden und gemeinsam viele schöne Momente erlebt. Doch als wir wieder gemeinsam feiern wollten, habe ich mich herausgenommen und gesagt ich brauche “Me-Time”. Es war schwer nicht mit zugehen, doch ich brauchte Zeit für mich selbst.
Es ist in unserer Gesellschaft unglaublich wichtig sozial kompetent zu sein. Deshalb ist es komisch und umständlich anderen erklären zu müssen, dass man heute lieber alleine sein möchte. Die meisten von uns argumentieren dann, sie bräuchten Zeit für sich um die angefallene Arbeit zu erledigen. Aber der tiefe in uns verborgene Wunsch nach Ruhe ist zu ehrenhaft und nobel, um nicht ehrlich zu sein. Denn wer ständig in Gesellschaft ist, vergisst sich selbst.
Wer sich nicht selbst vergisst, nimmt andere ernster wahr. Mehr als diejenigen, die ständig in Kompanien sind. Man hört genauer zu, gibt sich besser hin und ist emotionaler.
Menschen sind Herdentiere und brauchen ihre Mitmenschen. Aber im Ergebnis können wir nicht ewig nur mit anderen Zeit verbringen. Im ständigen Austausch mit anderen lenken wir uns selbst von unseren eigenen Denkprozessen ab. Äußere Aufforderungen lenken uns beständig davon ab unsere eigenen Emotionen zu beachten. Der Druck bei Partys nach einer oberflächlichen Fröhlichkeit leugnet die Wichtigkeit unserer latenten Melancholie. Der rationale Menschenverstand trichtert uns ein uns anderen anzupassen und sich zu benehmen, wodurch Eigenheiten, die einen Menschen besonders machen, abgeflacht werden.
Deshalb müssen wir auch alleine sein können. Wenn wir beispielsweise mit Freunden unterwegs sind passiert sehr schnell zu viel. Die Witze, die man sich erzählt, die Einsichten die man im Austausch gewinnt, die Aufregung. 10 Minuten mit deinen Freunden bräuchten eigentlich 2 Stunden Zeit, um die Eindrücke zu analysieren.
Es ist eine Eigenheit unseres Geistes, dass wir nicht jede Empfindung sofort erkennen und annehmen. Nach kurzer Zeit entstehen so viele Eindrücke, die sich in unser Unterbewusstsein drängen, die wir nicht verarbeiten konnten. Im Gespräch mit anderen entsteht vielleicht eine Idee die uns Angst machen und zu unbewussten Veränderungen im Leben führen. Eine Erzählung könnte in uns Neid erzeugen, die es lohnt zu analysieren. Vielleicht werden wir subtil beleidigt und konnten nicht realisieren, dass wir verletzt sind.
Wir brauchen Zeit zum Trösten und Verarbeiten, um die Gemeinheit zu verstehen und woher sie kam. Menschen sind – ob Mann oder Frau – unglaublich emotional und zarter als wir zugeben können. Ein Rückzug aus der Clique erscheint auf den ersten Blick feindlich, ist aber in Wahrheit eine Ehrung an das wahre und wunderschöne soziale Leben. Denn, wer nicht alleine sein kann, findet nicht heraus wer er eigentlich sein will. Man kann keine eigene Meinung entwickeln, und keine lebendige wie authentische Perspektive einnehmen.
Man wäre wie jeder andere.
Wir brauchen das Alleinsein. Nicht aus Verachtung der Menschlichkeit gegenüber, sondern weil wir angemessen auf Mitmenschen reagieren wollen. Me-Time ist Voraussetzung um sich weiter zu Entwickeln um ein guter und aufmerksamer Freund zu werden.
Wer anderen nur hinter läuft, verfolgt kein eigenes Ziel.
Bildquellen: - https://www.pexels.com/de/foto/fackel-gruppe-kostum-marsch-der-stille-763198/ - https://pixabay.com/de/uniformit%C3%A4t-h%C3%A4user-gleichheit-1467751/ - https://pixabay.com/de/selbstmord-verzweiflung-ohne-ausgang-2910870/

Chefredakteur.
Abiturient um die Welt zu verbessern und Benz zu brettern.
Also ich finde den Artikel sehr spannend und ich stimme dir auch zu. Wir brauchen die Me-Time genauso wie wir die sozialen Kontakte brauchen. Da Waage macht es halt aus.
Generell sehe ich Meinungen kritisch, weil Wissen meiner Meinung nach (hihi, Meinung) wertvoller als Meinungen *IST
Grammatik 😀
Man sollte einfach die beiden Extreme zu viel Kontakt und vollkommene Isolation vermeiden.
Übringes, interessanter Artikel.
Deine Aussage “Man kann keine eigene Meinung entwickeln” [wenn man sich gerade in Gesellschaft befindet] ist in meinen Augen völliger Bullshit. Wer immer Meinungen anderer unreflektiert übernimmt, ist einfach ein charakterloser Mitläufer. Generell sehe ich Meinungen kritisch, weil Wissen meiner Meinung nach (hihi, Meinung) wertvoller als Meinungen sind. Meinungen sind subjektiv. Da steckt ja bereits Mein drin, sie gehört also mir. Meins, meins.
Man kann sich auch zu intensiv und zu häufig mit sich selbst beschäftigen, was die soziale Kompetenz schwächt. Den guten Umgang mit anderen übt man während des Umgangs mit anderen.
Klingt mega abgedroschen, finde die goldene Mitte, Digga!
Vielen Dank für den Einblick in deine Psyche und entschuldige die harten Worte 😀 Du kennst mich, ich nehme kein Blatt vor den Mund 😀