Eine kleine Gedankensammlung über die Einsamkeit der heutigen Zeit von Karoline Wippert
Ein Tag ohne Kontakt zu Anderen ist für die Meisten kaum vorstellbar. Ob es das morgendliche Schreiben eines „Moin“ an die Liebsten ist (Bei mir ist es wohl auf meine Mama begrenzt.) oder das Posten, Kommentieren oder Nachholen von YouTube Videos, kaum sagt man noch wirklich „Hallo“ zu dem Menschen der die Post bringt. (JA, auch weil die meist solang warten bis man weg und außer Hörweite ist.) Es ist Kontakt zu anderen Menschen den wir starten, wenn auch meist digitaler Kontakt.
Kaum vorstellbar, dass es erst seit kurzer Zeit so ist und auch in so einem Umfang und mit solcher Anstrengung betrieben wird.Doch ist diese Dauerpräsenz hilfreich und wünschenswert für uns, oder verlieren wir durch das Angebot der vielen Kanäle, das Selbstvertrauen für das „wirkliche“ Alleinsein?! (Beispiel:) Mein gewöhnlicher Tag fängt mit dem „Moon River“ meines Phone-Weckers an und, einmal das „Mobile-Selbst“ in der Hand, werden auch gleich die üblichen Apps benutzt. So beginnt das Aufwachen erst richtig – mit einem Klick auf Instagram, Whatsapp, Iserv.
(Wenn ich mich wirklich wach fühlen oder deprimieren möchte, kommen auch die ernsthaften News zum Einsatz – also gleich mal zum Dr. Sommerteil.) Nach dem ersten erfolgreichen Konsum der Vernetzungen geht es in die Dusche, die auch ohne Musikuntermalung nicht vollkommen wäre. (Hier nochmal einen Antrag auf schalldichte Bäder.) Nach dem Duschen ist ja wieder genug Zeit vergangen und sicher wieder neue Post da.
Also beginnt es von vorn. (Highfive an CV19 und Spahn) Die Selbst-Reflektion macht mir dabei nicht das beste Gefühl und wird deshalb ausgeschaltet. Auch wenn sich vorher eine Recherche über Suchtverhaltens-stigmas auf Google nicht verhindern lässt. Ergebnis, ich hab Krebs im Endstadium. (…Damn…) Doch der Punkt ist, dass ich um jeden Preis durch Beschallung und Ablenkung meine eigenen Gedanken ruhig stellen möchte. Ob es das erschreckte Selbstbild zerschmettert oder eher stärkt, ist mir unklar. Der Tag meiner Eltern sah sicher anders in diesem Alter aus. Wahrscheinlich haben sie auch keine Brieftauben fertig gemacht. Allerdings konnten Sie dennoch Verabredungen einhalten, Telefonnummern bzw. Geburtstage, Termine sicher merken, was ich bewiesener Maßen nicht schaffe. Also hilft uns da das Mobilnetzwerkgerät schon mal und auch wieder nicht.
Wie sieht es jetzt mit der eigentlichen Frage aus: Warum macht gemeinsam einsam sein so viel mehr Spaß, als sich seinem eigenen „Ich“ zu stellen. Durch den Lockdown hatte ich die perfekte Möglichkeit es heraus zu finden…turns out: Ich bin wirklich schlecht darin. Ich weiß nicht, ob es euch auch so geht. Doch ich habe mir „hundert“ Dinge vorgenommen und vielleicht fünf getan.
Das meiste was ich am Ende doch tue, ist im Bett zu liegen und im Netz zu sein. Dabei kommt es vor allem auf die Hintergrundgeräusche von Anderen an. Denn das gibt mir das Gefühl von Verbundenheit. Man könnte argumentieren, dass der Mensch dazu geschaffen ist in Gruppen zu leben und somit die meiste Zeit in Gesellschaft zu verbringen.
Jedoch haben wir diese natürliche Veranlagung schon überwältigt, als der Erste einen Zaun zog, es „sein eigen“ nannte und andere es nur mit einem Eintrittsgeld betreten durften.
Ich frage mich wie eine so junge Generation, die sich und jeden anderen Aspekt im Leben hinterfragt und analysiert, ein neues Problem mit dem Alleinsein schafft.
Da wir uns doch bewusst für das Alleinsein entscheiden und es dann doch mit Hintergrundgeräuschen von Anderen ausfüllen, als unsere eigenen Gedanken in der Leere zu lassen.
Somit bleibt meiner Erkenntnis nach das Ausmaß der Selbstgeißelung ein Rätsel für sich selbst.
