“Mehr” ist auch mal weniger

Ein Kommentar zu den Erwartungen ans Leben von Karoline Wippert

 

 

„Ich komme immer irgendwo an, indem ich von dort los gehe, wo ich gerade war.“ („Die Abenteuer von Winnie Puhh“)
Sagt man nicht, dass wenn man mit meinem Zitat startet, es nur noch besser werden kann?

Hier ist also der Versuch, allerdings bin ich mir bewusst, das Hegel oder Nietzsche deutlich zu hoch gegriffen wäre. Somit warte ich mit dem nächst besserem auf, denn wer muss nicht über den Honig-liebenden Bären schmunzeln, auch wenn man sich selbst mit den Jahren wohl eher in I-Aah wiederfindet. Zumindest kann ich das für mich bestätigen.

Doch als junger Mensch dachte ich nicht nur einfacher, sondern auch in meinen Möglichkeiten begrenzt. Warum? Einerseits endete mein Traum von „Alles ist möglich“ im „Kastensystem der deutschen Schulen“, wie für viele andere auch. Da dort meist niemand genug Zeit, Geld oder Glauben an einen Schüler hatte, mehr zu erreichen als das, für was sie eingestuft wurden. Anderseits möchte man akzeptiert werden und dafür bleibt dann auch die Selbstwahrnehmung auf der Strecke. Also machte ich eine Ausbildung und arbeitete in einem Job der Sicherheit brachte sowie ein „konventionelles Leben“ versprach.

Jedoch nagte mit jedem weiterem Tag die Erkenntnis der Bedeutungslosigkeit und der Wunsch von mehr an mir. Also brauchte ich für einen Anfang erst mal Abschied. Abschied von meiner Wohnung, Arbeit, Beziehung und Familie. Dafür ging ich nach Schottland und bekam eine Sprache, die ich nicht verstand, doch auch unendlich mehr, zum Beispiel eine Form von Freiheit.

Das darauffolgende Jahr werde ich immer mit viel zu frühen Morgenden, gewöhnungsbedürftigen Kaffee, vielen beinah Unfällen, na ja und auch eigentlichen Unfällen; sowie mit den wunderbarsten Menschen und Erfahrungen meines bisherigem Lebens verbinden. Denn dort konnte ich leben, wie ich lang nicht mehr lebte.

Das Leben auf den Farmen und das damit verbundene Versorgen der Tiere gab mir eine Befriedigung, wie es der vorhergehende Beruf nie konnte. Ich arbeitete dort auch von Sonnenauf- bis -untergang und war genau so und doch komplett anders erschöpft. Denn ich war immer noch glücklich und immer noch Frei. Durch diese Erfahrung konnte ich eine neue Maxime für mein Leben festlegen, die ich nun am Braunschweig-Kolleg verfolge.

Mehr was? War und bleibt eine gute Frage. Doch nun gar keine Primäre mehr. Eigenständige Wege zu gehen und dabei sein selbst nicht zu verlieren, sondern so zu leben wie es mich glücklich macht. Denn somit kann ich nun frei wählen, wo ich stehe oder wo ich hingehen möchte, mit der Gewissheit, dass ich schon irgendwo ankomme.

Eine Priese Glück gehört natürlich auch dazu.

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