Ein Kommentar über Frauengeschichte von Henrike Heise
Hinter uns liegt ein langer Weg. Dass ich heute hier sitzen kann, in Jogginghose und Schlabberpullover mit einem “Messed-up” Dutt und der Pizza von gestern Abend. Meine Oma hätte sich so einen Tag nicht vorstellen können, als sie damals in die Schule ging. Und das ist gerade mal 70 Jahre her. Für mich ist es jedes Mal, wenn sie von dieser Zeit erzählt so unfassbar weit entfernt. Männer die bestimmen, was ich tue, was ich trage und mich bei widersetzen dieser Ansprüche gesellschaftlich ächten. Vielleicht war es nicht in jedem Ort gleich, aber meine Oma erzählte, dass man als Frau damals nur dann angesehen war, wenn man sich entsprechend der Erwartung der Gesellschaft und vor allem der Männer verhielt.
Abgesehen davon, dass die Pizza zur Jugend meiner Oma noch gar nicht so populär in Deutschland war, wäre es dennoch undenkbar gewesen, so herum zu lümmeln, wie ich es heute den ganzen Tag getan habe. Als junges Mädchen hatte man bereits Verpflichtung für seine Geschwister zu sorgen und bei Hausarbeiten zu helfen, als junge Erwachsene musste man dann sehen wo man blieb, schließlich wurde erwartet schon bald einen Ehemann zu haben und eine Familie zu gründen. Und wenn man dann Erwachsen war, wurde schon erwartet mehrere Kinder zu haben und “im Leben zu stehen”. Natürlich immer als gehorsame Ehefrau, die ihrem Mann nicht widersprach. Verrückt wie sich die Zeiten wandeln, wenn ich mich heute umsehe.
Aber genau das ist es, was mich so daran fasziniert: Es ist noch gar nicht so lange her, da hätte ich nichts von all diesen Dingen die ich tue, tuen dürfen. Wenn ich mir versuche das vorzustellen, kann ich es vor meinem inneren Auge nur schwer realisieren. Vor nicht einmal einer Lebensspanne, waren die Rechte der Frau noch völlig unterentwickelt. Von Gleichberechtigung war noch gar keine Rede. Ich denke an Tagen wie dem 8. März, welcher der internationale Frauentag ist, sollte man sich einmal die Zeit nehmen, genau das zu realisieren: Die Reise der Gleichberechtigung hat erst “vor kurzem” begonnen und wir sollten alle gemeinsam daran arbeiten, dass in unserer Zukunft die Kinder genauso verwirrt auf unsere Kindheit zurück blicken können, wie wir auf die Kindheit unserer Großmütter.

Jahrgang 80, schreibe gerne 😉