Vielleicht hat jemand letztes Jahr zu dieser Zeit schon von “Memestocks” und vor allem der Aktie GameStop (GME) gehört. Der Kurs der Aktie betrug am 12.01.2021 fast 20$ nach Börsenschluss der New Yorker Börse (NYSE). Mitte 2020 entdeckte der Youtuber “Dfv” das Potenzial, welches seiner Meinung nach in GME schlummerte, wenn man die Aktien nur lang genug halten würde. Der Wert seiner GME-Aktien beträgt ca. 40Mio. $. Gegen Ende 2020 begannen sich aber Privatpersonen über Reddit zu sammeln, die nach eigenen Aussagen “einfach die Firma mögen” und gerne Aktien von GME kaufen. Diese Investoren entschlossen sich ihre Aktien zu halten, egal was passieren möge, um einen sogenannten “Short squeeze” auszulösen. Die Investoren waren der Meinung, dass der Kurs ihrer Lieblings-Aktie weit unter dem eigentlichen Wert lag, da sogenannte “Shortseller” den Wert künstlich nach unten trieben. Diese “Shortseller” sind Banken und Hedgefonds, die aus sogenannten Leerverkäufen ihren Hauptgewinn erwirtschaften. Hierbei wird eine Aktie geliehen und direkt verkauft, um sie später zu einem niedrigeren Preis wieder zu kaufen und zurückzugeben, somit bleibt die Differenz vom Verkaufserlös bis Kaufpreis als Gewinn, was die Shortseller also auf einen fallenden Kurs hoffen lässt. Also praktisch die Gegenseite zu den “normalen” Investoren. Der angestrebte Short squeeze ist im Kern das Ausquetschen der Shortseller. Hier wird den Shortsellern die Möglichkeit genommen den Rückkauf der Aktien ungestört vorzunehmen, da sie kaum Aktien auf dem Markt finden, welche zum Verkauf bereitstehen. So steigt der Preis immer weiter, da bei hoher Nachfrage kein Angebot herrscht und die Privatinvestoren durch das Halten der Aktien den Preis ansteigen lassen, bis sie eine für sich zufriedenstellende Summe erreicht haben. So schafften es die Privatanleger im Fall von GameStop den Kurs von 20$ (12.01.21) bis auf zeitweise 483$ Dollar (28.01.21) ansteigen zu lassen. Dieses Szenario ließ die Hedgefunds panisch werden und zu unkonventionellen und illegalen Methoden greifen. Ein großer Teil der Anleger benutzte zu dieser Zeit die Trading-App “Robinhood”, welche im engen Kontakt mit dem Hedgefund “Citadel” stand. Hedgefunds und Banken wollten sich scheinbar nicht die Blöße geben, ihre Positionen zu dem Preis der Privatanleger zu schließen, bzw. zu begleichen und “Robinhood” sperrte den Kaufknopf und die Privatanleger gerieten in Panik wodurch der Preis am 02.09.21 schon wieder auf ca. 50$ gesunken war. Laut eigenen Aussagen habe der Chef von “Citadel” nie mit dem Chef von “Robinhood” gesprochen, was allerdings Fotos von Chatverläufen widerlegten. Vor Gericht hatte die Klage der Privatanleger auf Marktmanipulation aber keinen Erfolg. Heute, fast ein Jahr später hat der erste Privatanleger eine Entschädigung von “Robinhood” einklagen können. Auf der Internetplattform “Reddit” sind aber immernoch Privatanleger im Austausch und vermuten stark, dass die Hedgefunds ihre Positionen im Januar letzten Jahres nie geschlossen hatten, sondern dies nur vorgaben. Die Analysewebsite “Ortex” belegt dies regelmäßig mit Daten und auch die Privatanleger betreiben regelmäßige Analysen, sogenannte DD (Due diligence = Stärken/Schwäche Analyse) über die Positionen der Hedgefunds und vor allem deren Taktiken und Arbeitsweisen. Die Anleger geraten immer wieder in Meinungsverschiedenheiten mit Personen, oder Nachrichtenagenturen welche die Gegenposition vertreten, nämlich dass die Hedgefunds ihre Positionen geschlossen haben und die Aktie eben nicht das Potenzial hat noch einmal enorm anzusteigen. Das Interessante hierbei ist, dass bisher alle Analysen der Anleger unwiderlegbar waren. Es scheint also wirklich so als hätten sie Recht und stünden im Kampf mit den großen Banken und Hedgefunds. Wenn die Anleger Recht behalten, dann sieht die Zukunft der “Shortseller” düster aus, da sie den Hauptteil ihrer Positionen bei einem sehr geringen Preis eröffnet hatten und ihr Preisziel für GME=2$ war.
Aktuell befindet sich die Aktie bei ca. 120$+ und es werden immer mehr Privatanleger, welche teilweise ihr gesamtes Erspartes investieren. Anleger in den USA sind deutlich risikofreundlicher und investieren teils auch ihre Altersvorsorge, oder nehmen Hypotheken auf ihr Haus auf und leben von Kleinstbeträgen monatlich. Was man davon halten mag ist eine Sache, aber diese Investoren scheinen sich sicher zu sein. Für mich würde gelten : Investiere niemals Geld, welches man bald brauchen könnte, oder nicht verlieren darf.
Nun wird es etwas technischer: Es gibt bestimmte Werte, welche bei Aktienkursen einen groben Rahmen setzten können. Hierbei dreht es sich um allgemeine Werte, wie z.B. die Marktkapitalisierung, was nichts anderes ist als die Aktienzahl x Kurs. Verständlicherweise ist hier z.B. Apple eine der größten Firmen. Die Gesamtaktienzahl wird auch “Float” genannt, was im Falle von Apple ca. 16,9 Mrd. Aktien wären. Besonders interessant bei den “Memestocks” ist der Indikator wie viel Prozent der “Float” Leerverkauft (geshorted) wurden. Die Gemeinden hinter GameStop und auch anderen Aktien sind sich sicher, dass mehr als 100% der Gesamtaktien leerverkauft wurden, was bedeuten würde dass die Aktien teilweise mehrmals verliehen wurden, ohne dass die Positionen beglichen wurden. So gibt es mehr Aktien als es geben sollte und man spricht nicht mehr nur vom “shorting”, sondern von “naked shorting” was seit der Finanzkrise 2008 eigentlich illegal ist, da es einer der Hauptgründe für diese war. Es werden also laut der Anleger Aktien synthetisiert um den Kurs künstlich nach unten zu treiben. Es wird auf “Reddit” vermutet, dass die Größe der Positionen der Hedgefunds bereits im Januar zu enorm war um diese zu begleichen und sie ihre Grube nur weiter graben können, in der Hoffnung dass die Anleger verkaufen, weil sie unter dem psychischem Druck nachgeben. Das wäre aber das Letzte, was den Anlegern einfallen würde und so erweitern sie ihre Positionen immer weiter und hoffen auf einen immer höheren Kurs im Falle eines “Short squeezes” mit Preiszielen die in die Millionenhöhe pro Aktie gehen. Dies alles klingt sehr unrealistisch, ist aber tatsächlich mathematisch nachweisbar.
Viele der Anleger sind sich ihrer Sache alleine aus dem Grund sicher, dass die Nachrichtenagenturen in den USA, wie z.B. “Motley Fool” oder “MSM” oder “CNBC” immer wieder zum Verkauf dieser Aktien raten, ohne wirkliche Beweise für das Gegenteil der Analysen der Reddit-Armee zu haben. Der allgemeine Tenor ist, dass sich niemand so viel Mühe machen würde zum Verkauf zu raten, wenn die Anleger tatsächlich unrecht hätten. Außerdem sollte im Falle einer Schließung der Positionen eigentlich ein größerer Kursanstieg als im Januar zu verzeichnen sein.
Für den Fall dass die Anleger wirklich Recht behalten und die “Short squeezes” stattfinden, wären die Folgen für die Amerikanische Wirtschaft und die Weltwirtschaft verheerend, da wahrscheinlich die gesamte Börse in den Abgrund gerissen wird. Den Finanzcrash sollte man dann aber nicht den Anlegern vorwerfen, sondern eher der Ursache aufgrund der es überhaupt erst so weit kommen konnte. Wie gesagt: *Wenn die Anleger recht behalten*, dann wäre das gesamte System der Börse kein faires Spiel mehr wie man es glaubt, sondern Korruption und Absprachen würden den Markt beherrschen und die Privatanleger, von denen immer mehr Menschen ihre Altersvorsorgen in ETF’s anlegen, würden keine Chance haben zu gewinnen.
Die Amerikanische Wirtschaft ist seit der Corona-Krise angeschlagen, da auf gut Deutsch der Gelddrucker seit beginn der Pandemie der Gelddrucker nicht mehr stillsteht. Das kann man auch an der Inflation von 7% im Dezember in den USA sehen. Zur Zeit wird immer mehr Geld in die Wirtschaft gegeben, damit genug Liquidität vorhanden ist. Die Summe der Staatsanleihen beträgt inzwischen fast 1,6 Billionen$. Abschließend lässt sich sagen dass die Wirtschaft in den USA solch einen Schlag nicht verkraften würde und zu hoffen bleibt dass es nicht so weit kommt. Aber die Hoffnung, dass aus der Wirtschaftskrise 2008 gelernt wurde schwindet langsam bei den Anlegern. Es ist gut möglich dass auch das System der Börse dadurch an Glaubwürdigkeit und Wert verliert und der Aktienmarkt einen grundlegenden Wandel durchmacht.
Dieser Artikel soll keine Anlagenempfehlung darstellen, sondern es handelt sich lediglich um eine Information.
